Maria, Mutter Gottes? |
So bitten es katholische Christen, zum Beispiel im Rosenkranzgebet.
Und zumindest der mittlere Satz findet sich auch in der Bibel, im Lukasevangelium.
Nachdem ich durch einen überzeugten Katholiken damit konfrontiert
wurde, habe ich mir die Frage gestellt: Wie sollen, wie können
wir uns zu Maria stellen? Ist es richtig, zu ihr zu beten?
Können wir sie, die Jesus geboren hat, "behandeln" wie jede x-beliebige
andere Frau?
- Maria, die Mittlerin?
Mutter, auf dich hoff' und baue ich;
Mutter, zu dir ruf' und seufze ich;
Mutter, du gütigste, steh' mir bei,
Mutter, du mächtigste, Schutz mir verleih.
Oh Mutter, so komm, hilf beten mir!
O Mutter, so komm, hilf streiten mir!
O Mutter, so komm, hilf leiden mir!
O Mutter, so komm und bleib bei mir!"
So heißt es in einem katholischen Andachtsheftchen, das mir mal in der Fußgängerzone überreicht wurde. Als nichtkatholischer Christ kann ich das nicht ohne größere Irritationen lesen. Zum einen werden hier Maria Titel zugesprochen (die Gütigste und Mächtigste), die ich aus meiner Sicht für Gott allein reservieren würde. Aber auch die Erwartung von täglichem Beistand, die Hoffnung, die in Maria gesetzt wird, Maria als Ansprechpartner in allen Nöten, Maria, die schützt?
In 1. Timotheus 2,5 schreibt Paulus, daß es "ist ein Gott und ein Mittler zwischen den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung". Lese ich Schriften aus dem Umfeld der katholischen Kirche, habe ich ganz oft den Eindruck, daß da noch eine weitere Schicht eingezogen wird, daß man sich nicht direkt an Gott wenden kann, auch nicht an den Auferstandenen als Mittler, sondern daß man Maria bittet, sich bei Jesus einzusetzen. Möglicherweise entspringt diese Haltung einer sehr großen Ehrfurcht, dem Verständnis, daß Gott und daß Jesus viel zu hoch und zu weit weg sind, als daß man sich direkt an sie wenden kann.
So wie ich das Neue Testament lese, ist Gott aber nicht so. Dem verlorenen Sohn läuft der Vater entgegen, sobald er ihn sieht, er ist sich nicht zu schade dafür, sich "unwürdig" zu verhalten, er ist begeistert davon, daß sein Sohn zu ihm zurückgefunden hat. Die Bibel spricht davon, daß wir als Christen Gottes Kinder heißen dürfen. Jesus sagt, daß selbst Menschen, die ja nicht unbedingt gut sind, ihren Kindern trotzdem gute Gaben schenken, wieviel mehr wird dies Gott tun?
Gott ist der Große, Allmächtige, die Grenzen des menschlichen
Verstandes Sprengende. Aber Gott ist auch der, der auf uns zukommt,
sich nah und faßbar macht - und sogar Mensch wird, um uns zu erreichen.
Ich möchte dazu ermutigen, sich an Gott zu wenden, in der Hoffnung
und in dem Vertrauen darauf, durch Jesus vor ihm stehen zu können.
Es ist nicht unsere Leistung, es ist Christus, der sich für uns dahingegeben
hat, was uns vor Gott rechtfertigt.
Nirgendwo in der ganzen Bibel wird gesagt, daß Maria mehr als ein Mensch ist, daß Maria angebetet werden soll, oder daß sie eine besondere Mittlerin ist, an die man sich wenden kann. Sie ist in ihrer Rolle einzigartig - und doch auch nur ein Mensch. Jesus vertraut sie und vertraut ihr Johannes an. Darüber hinaus gibt es keinen Hinweis, daß Maria für alle Christen oder für kommende Generationen jemand sein würde, an den man sich wenden kann oder soll. An Gott sollen wir uns wenden, und in Christus können wir uns an ihn wenden. Maria mit Ehrentiteln anzureden, die nur Gott zustehen, ihr Eigenschaften zuzumessen, die einem Menschen nicht zukommen - das geht für mich gefährlich nahe in die Richtung von Götzendienst. Hätte die Mutter unseres Herrn die Ehre haben wollen, die unserem Herrn gebührt?
Als eine geistliche Entwicklung betrachtet, muß man dies nicht
nur als eine Er-, sondern als eine Überhöhung der Maria verstehen.
Dazu gehören auch die in der Kirchengeschichte herausgebildeten Dogmen,
daß sie (also Maria!) "unbefleckt empfangen" worden ist oder daß
sie immerwährende Jungfrau gewesen ist. Nichts davon steht in
der Bibel. Tatsächlich hat Jesus in der Ehe von Maria und Joseph
noch vier (Halb)brüder, die sogar namentlich genannt werden: Jakobus,
der in der urchristlichen Gemeinde später eine große Rolle spielen
sollte, Joses, Judas und Simon. Und einige Schwestern noch dazu,
deren Namen uns leider nicht überliefert sind. Vermutlich ist
der Hauptaspekt bei dem Dogma der "immerwährende Jungfrauenschaft"
mehr eine theologische Aussage gewesen, aber aus meiner Sicht ist es sowohl
sachlich als auch theologisch daneben.
Zum einen ist es dem Neuen Testament unbekannt. Es gibt Beispiele dafür, daß Menschen eine Vision von Christus gehabt haben - sehr bekannt ist die Szene bei der Steinigung des Stephanus in Apostelgeschichte 8. Es gibt Beispiele dafür, daß Menschen Engeln begegnet sind und Botschaften von ihnen bekommen haben - oft an sehr wichtigen und bedeutenden Stationen der Geschichte. Nicht jedoch, daß ein Mensch, nachdem er gestorben ist, für andere Menschen als Bote aufgetreten und ihnen erschienen ist.
Zum anderen erscheinen die Botschaften, die dort weitergegeben werden, theologisch teils richtig und teils fragwürdig. Richtig dort, wo sie Jesus in den Mittelpunkt stellen. Fragwürdig insbesondere dort, wo Maria sich angeblich in den Mittelpunkt stellt. So soll Maria laut dem "pur-Magazin", Sonderausgabe Fatima, versprochen haben, wiederzukommen um "die Weihe Rußlands an mein Unbeflecktes Herz" einzuführen. Aus meiner Sicht eine zutiefst un-, ja antibiblische Botschaft. Menschen weihen sich Maria, ihrem "unbefleckten Herzen", das die Bibel nicht kennt, nach der nur ein Mensch ohne Sünde war, nämlich Jesus. Menschen lassen sich auf Offenbarungsphänomene ein, richten sich danach, messen ihnen prophetischen Wert ein. Das erscheint mir als ein Patentrezept zur Irreführung. Bedenklich, weil dort Richtiges mit Falschem vermischt ist, so kommen auch Aufrufe zur Umkehr und Buße vor - ein solches Gemisch ist viel schwerer zu durchschauen und zurückzuweisen, als wenn etwas offenkundig fragwürdig wäre.
Ein besonders krasses Beispiel ist das Begleitheftchen zu der "Wunderbaren Medaille":
"Am 27. November 1830 erschien in Paris die hl. Jungfrau Maria der Novizin Katharina Laboure in der Kapelle Rue du Bac. Die hl. Jungfrau stand auf der Erdkugel, zu deren Füßen sich eine Schlange wand. An den Fingern der Gottesmutter sah Katharina herrliche Ringe mit Edelsteinen, aus denen Strahlen auf die Erdkugel fielen.
Die Gottesmutter sagte: 'Diese Strahlen sind das Sinnbild der Gnaden, die ich über jene ausgieße, die mich darum bitten.'"
Maria erscheint also angeblich in der Gestalt der Weltbeherrscherin, die die Mächte des Bösen überwunden hat. Und sie (!) - nicht Gott, nicht Christus - vermittelt Gnade denen, die sie (!) darum bitten.
"Gleichzeitig hörte Katharina eine Stimme: 'Laß nach diesem Bild eine Medaille prägen! Alle, die sie tragen, werden große Gnaden erlangen. Überreich werden die Gnaden für jene sein, die sie mit Vertrauen tragen.'"
Maria fordert also angeblich, einen Gegenstand anzufertigen, eine Medaille,
und sein Vertrauen darin, Gnade zu empfangen, in das Tragen dieses Gegenstandes
zu setzen. Das soll christlich sein? Sein Vertrauen in
einen Gegenstand zu setzen, um überreiche Gnade zu empfangen?
Ist die Botschaft des Neuen Testaments nicht vielmehr, daß wir unser
Vertrauen nicht in Dinge setzen sollen, daß Bilder, Statuen, Figuren
keine Kraft innewohnt? Ist es nicht Einladung zum Götzendienst,
dies zu tun?
Es spricht nichts dagegen - im Gegenteil - Maria in ehrendem Andenken zu halten als die Frau, die unseren Herrn zur Welt gebracht hat, der wiederfahren ist, was kein anderer Mensch auf dieser Welt von sich behaupten kann.
Aber sie war Mensch und ist Mensch geblieben, hat als Mensch gelebt, hat ihrem Ehemann Joseph Kinder geboren. Weil sie die Mutter unseres Herrn war, wird sie nicht zur Göttin, von daher hat der Titel "Mutter Gottes" für mich zumindest etwas sehr Mißverständliches. Wo sie zur "Himmelskönigin" wird, wo sie als mächtig gepriesen wird, wo von ihr Gnade erwartet wird, wo Menschen sich ihr weihen sollen und nicht Gott, ist spätestens die Grenze überschritten, wird sie in einem Maß verehrt, das nur Gott zukommt.