Leben als Christ |
(Kein) Sex vor der Ehe?
Vorwort für Nichtchristen
"Leben als Christ", und dann "Kein Sex vor der Ehe". Da sind doch gleich alle Klischees bestätigt, oder? Willkommen im Mittelalter? Es erscheint mir notwendig, für Leser, die ansonsten mit Kirche und Christen nicht viel am Hut haben, einige Worte vorwegzuschicken. Zu leicht ist sonst ein falscher Eindruck entstanden.
Daß Sex nur zur Fortpflanzung dient und Christen schon gar keinen Spaß machen dürfe, ist glücklicherweise nur ein überkommenes, aber leider sehr hartnäckiges Vorurteil. Seine Wurzel mag es in der katholischen Sexualmoral vergangener Jahrhunderte haben. Mit einer christlichen Einstellung zum Sex darf man das nicht verwechseln. Wenn man sich in der Bibel umschaut, ist diese verbogene Sexualmoral sicher nicht "im Sinne des Erfinders" gewesen.
Leider gibt es teilweise aber auch heute in christlichen Gemeinden Ansichten und Vorstellungen, die ich als "schwierig" empfinde. Zu diesen werde ich in meinem Artikel Stellung beziehen, in der Hoffnung, dieses Thema dadurch etwas mehr "auf die Tagesordnung zu setzen."
2 So einfach ist das...oder doch nicht?
Dieser Artikel möchte dabei helfen, die offensichtlich vorhandene Lücke auszufüllen. Es würde mich freuen, wenn er zu einer neueren, offenen Umgangsform mit dem "Thema Nummer 1" beitragen würde. Nicht auszuschließen, daß das Gesagte bei dem einen oder anderen "Anstoß erregen" wird. Aber vielleicht ist ein kleiner Denkanstoß manchmal auch ganz hilfreich. Anstößig an sich sollen meine Ausführungen jedenfalls nicht sein.
Gleich vorweg: Wenn sich jemand an dieser Stelle Hoffnungen auf sexuell freizügige Texte gemacht haben sollte, diese Erwartung kann ich nicht befriedigen. Auch werde ich keiner beliebig gelebten Sexualität das Wort reden.
Nicht nur in frommen Kreisen besteht die Gefahr der Vereinfachung und
Verallgemeinerung. "Weil etwas bei mir so gewesen ist und ich es
als gut erlebt habe, deshalb muß es auch bei allen anderen so sein
und deshalb schreibe ich es auch allen anderen so vor". Wenn es bei anderen
dann nicht ebenso funktioniert, ist die Enttäuschung groß. Möglicherweise
sogar die Enttäuschung Gott gegenüber - obwohl man sich nur auf
einen etwas weniger weisen Rat eines Mitchristen verlassen hatte.
Ratschläge können manchmal auch Schläge sein.
"Alles, was Du tun mußt ist, Gott um einen Partner zu bitten. Danach brauchst Du, auch wenn es schwer fällt, nur noch zu warten. Gott wird Dir den richtigen Partner schon zu seiner Zeit über den Weg laufen lassen."
Oft wird das mit einer persönlichen Lebensgeschichte illustriert, wo jemand so gebetet und tatsächlich (s)eine Frau kennengelernt hat. Nach Möglichkeit noch, obwohl er in einer völlig abgelegenen Gegend lebte und die Chance, daß ihm eine passende Frau über den Weg läuft, in etwa mit der Chance gleichzusetzen ist, in der Sahara auf einen Eisverkäufer zu treffen. Ist das nicht eine großartige, sehr fromme Haltung, die von viel Vertrauen in Gott zeugt? Sollte es nicht jeder Christ ebenso machen? Ist es etwa sogar ungeistlich, selbst nach einem Partner zu suchen?
Da liegt aus meiner Sicht des Pudels Kern: Es ist tatsächlich großartig, wenn jemand seine Partnerin oder seinen Partner auf diese Weise gefunden hat. Und wer möchte sich nicht mit dem glücklichen Paar freuen oder ihnen eine Gebetserhörung absprechen? Dennoch kann man aber daraus nicht folgern, daß dies die einzig mögliche oder von Gott gesegnete Form sei, seinen Partner zu finden.
In allen anderen Bereichen unseres Lebens ist es selbstverständlich, daß wir zu einem gewissen - und manchmal nicht unbeträchtlichen Teil - selbst aktiv werden müssen. Niemand käme auf die Idee, guten Gewissens für eine Prüfung oder für seinen beruflichen Werdegang einfach nichts zu tun, sondern Gott um gutes Gelingen zu bitten und ansonsten geduldig zu warten. Und die manchmal gehegte Hoffnung, daß Gott einem Schüler trotzdem die Matheklausur rettet, obwohl er nichts dafür getan hat, erfüllt sich dann auch nicht. :-) Jemand hat sogar mal formuliert, man solle "beten, als wenn alles Arbeiten nichts hilft, und arbeiten, als wenn alles Beten nichts nichts hilft." Ebenso ist es fragwürdig, wenn jemand auf seiner Vorstellung besteht, daß Gott ihn durch ein übernatürliches Eingreifen heilen muß und deshalb auf jegliche ärztliche Hilfe verzichtet.
Daher erscheint es mir nicht weit hergeholt, auch auf der Suche nach einem geeigneten Partner selbst mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Sich bewußt in Situationen zu begeben, wo man vermehrt Chancen zu Begegnungen hat. Die Begegnung mit anderen Menschen zu leben und zu erleben. Und wenn jemand in seinem Umfeld absolut keine Chance sieht, einen geeigneten Partner zu finden, ist es auch nicht ungeistlich, es mit einer Kontaktanzeige zu versuchen. Ob einem diese Form der Partnersuche liegt und man sie ausprobieren will, muß natürlich jeder selber wissen.
In der Bibel finde ich jedenfalls den Gedanken "einfach beten und warten"
als Grundsatz der Partnersuche nicht wieder. Die Schlußfolgerung
scheint mir daher naheliegend, daß es sich nicht um Gottes Weg,
seinen Partner zu finden handelt, sondern vielmehr um menschliche
Vorstellungen, wie Gott die Dinge regeln sollte. Bekanntlich tut er
das nicht immer so, wie wir uns das vorstellen. :-)
Das erste und offensichtliche Problem dieser Anschauung ist, daß es dem Menschen einen ungeheuren Druck aufbürdet.
Es wird ihm nämlich auferlegt, den Plan, den Gott für mein Leben hat in jedem Moment zu finden und genau zu erfüllen. Wenn jemand mit dieser Anschauung lebt, kann er damit seinen Glauben in schweren Seegang bringen, wann immer ihm dies nicht gelingt. Zu den Schuldgefühlen, weil er einen Fehler gemacht hat, kommt die Perspektivlosigkeit, weil der Weg ja nun versperrt ist.
Auch diese Einstellung findet in der Bibel keinen Widerklang. Vielmehr ist Gottes Geschichte mit den Menschen und Jesu Umgang mit seinen Jüngern gerade davon geprägt, daß "Versager" darin vorkommen. Und daß Gott mit diesen "Versagern" anknüpft und dort weitermacht, wo sie stehen. Im Leben der größten "Männer Gottes" finden sich auch gravierende Sünden. Petrus zum Beispiel, der sich so sicher war, Jesus immer treu zu bleiben, sogar bis in den Tod. Wenig später sollte er mehrfach mit allem Nachdruck beteuern, Jesus überhaupt nicht zu kennen. Alles aus? Wird Petrus nun endlich in die Wüste geschickt? Nein, sondern Jesus vergibt ihm und vertraut ihm, nach seiner Auferstehung, sogar sehr viel Verantwortung für die junge Gemeinde an.
An dieser Stelle läßt sich der Bogen zurück zur Partnersuche schlagen: Nein, offensichtlich ist es ncht so, daß Gott einen Menschen mit einer verpaßten Chance oder gar einer Fehlentscheidung sitzenläßt.
Das zweite Problem liegt in einer bestimmten Erwartungshaltung, wie es sein wird, wenn man den Partner nun endlich gefunden hat.
Wenn sich jemand darauf festlegt, daß er irgendwann als Erhörung seines Gebetes seinem Ehepartner über den Weg laufen wird und durch eine höhere Eingebung sofort weiß, daß dies der Partner fürs Leben sein muß, legt er damit Gott auf eine bestimmte Art der Gebetserhörung fest. Für manche Menschen ist es so gewesen, daß sie sofort gewußt haben, daß sie "füreinander bestimmt sind". Viele andere haben sich erst mal kennengelernt und ihre Gefühle füreinander entdeckt. Man sollte Gott nicht auf eine bestimmte Form von Gebetserhörung festlegen, sozusagen das fromme Äquivalent zur "Liebe auf den ersten Blick". :-)
Auch hier wird man sich mit den Menschen freuen dürfen, die sich
auf diese Weise gefunden haben. Aber ebenso wie beim vorgenannten Punkt
erscheint es fragwürdig, daraus eine allgemeine Regel machen zu wollen:
Bedeutet es doch, daß sich jemand aus dem ganzen Bereich von Partnersuche
und Partnerwahl, des Kennenlernens, des Herausfindens ausklinkt und diese
Aufgabe an Gott delegieren will. Das aber hat mit einem verantworteten
Leben nicht mehr viel zu tun.
Ab und zu begegnet einem in Publikationen der True Love Waits-Bewegung, aber auch in christlicher Partnerschaftsliteratur die Grundhaltung, daß Sexualität grundsätzlich eine unproblematische Angelegenheit ist, daß sich eventuelle Probleme leicht in gegenseitiger Absprache lösen lassen. Ein Beispiel für den etwas naiven und blauäugigen Umgang, folgender Antwortvorschlag für ein Mädchen, deren Freund "probieren" möchte: "Was soll denn da nicht zusammenpassen ?"(Quelle leider nicht mehr verfügbar)
Auf der rein körperlichen Ebene stimmt das natürlich. Wenn keine Besonderheiten vorliegen, steht von dieser Seite her einem befriedigenden sexuellen Erleben nichts im Wege. Die menschliche Anatomie ist das schon ziemlich anpassungsfähig. :-) Psychische Faktoren, die aus der Lebensgeschichte eines Menschen resultieren oder manchmal auch keine klare Ursache haben, können jedoch ein gravierenderes Problem darstellen.
So gibt es Fälle, in denen die Partnerin den Gedanken an eine körperliche Vereinigung innerlich völlig abblockt. Zum Beispiel, weil es in ihr einen Widerwillen erzeugt. Oder daß sie zwar eigentlich möchte, aber körperlich blockiert und "es" deshalb nicht funktioniert. Unter Umständen kann ein lange zurückliegender sexueller Mißbrauch in der Kindheit die Ursache sein. Allerdings wäre es verkehrt, von sexuellen Problemen auf einen Mißbrauchsfall zu schließen. Denkbar wäre zum Beispiel auch die Auswirkung einer bewußt oder unbewußt körper- und sexualitätsfeindlichen Erziehung.
Probleme wie diese gehören nicht in die Kategorie, die sich von heute auf morgen lösen lassen. Und auch nicht in einer Woche oder einem Monat. Wenn jemand bereit ist, unter diesen Umständen eine Ehe mit einem anderen Menschen einzugehen, erfordert dies eine enorme Portion an Geduld und Einfühlungsvermögen. Möglicherweise folgt auf "kein Sex vor der Ehe" nahtlos und für eine geraume Zeit "kein Sex in der Ehe" - was besonders deshalb von Bedeutung ist, weil Christen die Ehe im Normalfall - anders als im heutigen gesellschaftlichen Kontext - immer noch als eine Gemeinschaft auf Lebenszeit sehen. Ich habe persönlich von Ehen gehört, die einer solchen Belastung auf Dauer nicht gewachsen waren und dennoch zerbrochen sind. Auch unter Christen. Auch Paulus schreibt davon, daß sich die Ehepartner nicht längere Zeit dem anderen entziehen sollen, damit der Partner nicht in Versuchung geführt wird. Ein Ehepartner, der in der Ehe keinen Sex haben kann, ist also in einer nicht ganz einfachen Situation.
Wenn ich dermaßen vereinfachende und platte Antworten wie das obengenannte Zitat lese, frage ich mich daher , ob der Autor "seine Hausaufgaben gemacht hat" und er seine Leser wirklich gut berät. Was für seelsorgerliche Probleme in diesem Bereich auftreten können, sollte er wissen. Und ansprechen. Eine am Idealfall orientierte Antwort, die Probleme ignoriert, nimmt mögliche Enttäuschungen in Kauf. Die psychischen und glaubensbezogenen Auswirkungen auf einen Menschen, der sich darauf verlassen hat und dann feststellen muß, daß auf "Kein Sex vor der Ehe" nahtlos "Kein Sex in der Ehe" folgt, lassen sich sicher nur erahnen.
(Es erscheint vor diesem Hintergrund fragwürdig, wenn bisweilen auf die "richtigen Prioritäten" in einer Ehe verwiesen wird, bei denen dies dann kein Problem mehr wäre. Hier möchte ich nochmals auf meinen obigen Verweise auf die Seelsorge zurückkommen und fragen, ob diese Antwort wirklich aus eigenem Nachvollziehenkönnen stammt oder nur dahergesagt ist.)
Die Frage ist, was für Schlüsse zieht man nun daraus: Also
doch lieber ausprobieren ?
Dann weiß man wenigstens schon mal, daß es klappt!
Körperlich ja. Aber die Begründung von TLW, daß Sex durch ein bloßes "Ausprobieren" entwertet wird, finde ich andererseits auch nachzuvollziehen. Sex als Ausdruck der intimen Nähe und Vertrautheit zweier Menschen, die Bindungen schafft, ist mehr als ein bloßer "Funktionstest". Und läßt sich im Rahmen eines solchen "Probierens" wohl auch nicht erleben, ähnlich wie man eine Blüte nicht dadurch vorwegnehmen kann, daß man ihre Knospe öffnet. Es erscheint nicht weit hergeholt, sie als Geschenk Gottes für zwei Eheleute zu sehen.
Gibt es denn einen Ausweg aus diesem Dilemma?
In jedem Fall sollte bei einem Paar, daß sich für das Warten
entschieden hat, keiner der beiden Partner davon ausgehen, daß der
andere genau dieselbe Einstellung hat, oder daß er dieselben Gründe
für seine Einstellung hat. Wenn die Beziehung eine gewisse Tiefe
angenommen hat, sollten meiner Meinung nach in jedem Fall offenere Gespräche
über Ansichten und Wünsche geführt werden, die die sexuelle
Ebene betreffen. So läßt sich eher vermeiden, daß
einer der Partner in der Ehe "aus allen Wolken fällt".
Auch sollte der Grad an Zärtlichkeit und Nähe mit der Beziehung
wachsen.
Ich denke, dieser Sachverhalt muß einem bewußt sein.
Die Situation, daß zwei Menschen sich kennenlernen, die beide
noch nie Sex hatten und sich füreinander aufsparen, ist selten geworden.
Das muß jemandem klar sein, der sich entschließt, auf die Frau
oder auf den Mann fürs Leben zu warten: Es ist nicht gesagt,
daß dieser Partner bislang ebenso ohne Sex gelebt hat. Von
Gott gibt es Vergebung für alle Bereiche des Lebens, wo jemand an
seinem Willen vorbeigelebt hat, wenn ein Mensch zu ihm kommt. Gibt
es diese Vergebung auch vor den Menschen?
3.2 ...man selbst schon Sex hatte ?
Natürlich gibt es auch die Kehrseite der Medaille: Mit dem Sex bis zur Ehe warten geht natürlich nur so lange, wie man selbst keinen Sex gehabt hat! Das gibt es nicht nur in der nichtchristlichen Umwelt, auch in Gemeinden soll es vorkommen - vielleicht gerade dort, wo Sexualität als Tabuthema gehandelt wird - daß Menschen eigene Wege dorthin suchen und finden. Leider nicht immer mit dem Wissen, was sie darüber haben könnten und sollten. Und nicht immer wird aus einem Sexualpartner ein Ehepartner, auch wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt dies vielleicht beide so gesehen haben mögen.
Was ist nun, wenn in dieser Hinsicht "der Zug schon abgefahren ist"?
(in Arbeit)
Welche Implikationen bringt es mit sich, wenn ein Mensch - etwa aufgrund
einer Körperbehinderung oder eines Unfalls - nicht zur körperlichen
Vereinigung in der Lage ist ? Welche Auswirkungen hat das auf den Menschen
selbst, welche auf seinen Partner ? Inwieweit müssen sich die Partner
über die dadurch entstehenden Belastungen besonders Gedanken machen
?
Darauf kann ich nur mit einem "Jein" antworten. Gedanken-
und verantwortungsloser Sex kann zur HIV-Infektion und damit zu AIDS
führen. Jedoch gibt es die Möglichkeit, sich davor mit
großer Sicherheit zu schützen. Zum Beispiel dann, wenn
beide Partner - unter Berücksichtigung der Nachweisfristen - einen
HIV-Test machen und sich anschließend sexuell treu sind.
Das allein ist also kein Argument. Ich empfinde es als grundfalsch, mit der Drohung vor Krankheiten Begründungen ersetzen zu wollen. Ganz nebenbei: Die zwangsläufige Folge ist, wenn die Fadenscheinigkeit der Drohung erkannt wird, daß nichts mehr übrigbleibt - bei der Begründung hatte man ja an Aufwand gespart.
Anschließen kann ich mich jedoch der Warnung, daß Safer Sex eben nur safer ist (also sicherer als ungeschützter Verkehr), aber keinesfalls safe. Aus der schlichten Tatsache, daß Kondome nicht absolut sicher vor Schwangerschaft schützen, sondern nur mit - je nach Anwendung - mehr oder minder hoher Wahrscheinlichkeit, leitet sich ohne weiteres ab, daß sie ebenfalls keine sichere Verhinderung der HIV-Infektion leisten können.
Außer Frage steht, daß Enthaltsamkeit bis zur Ehe und anschließende Monogamie ein Weg ist, um das Infektionsrisiko auf ein absolutes Minimum zu drücken und daß, würde jeder Mensch so leben, AIDS vermutlich nie zur weltumspannenden Seuche geworden wäre.
Hüten sollten Christen sich meiner Meinung nach unbedingt davor
- wie ich es leider auch schon gehört habe - AIDS als "Strafe Gottes"
zu bezeichnen. Tatsache ist, daß man mit seinem eigenen Verhalten
bedeutenden Einfluß auf das Infektionsrisiko hat. Tatsache ist aber
auch, daß nicht nur Menschen betroffen sind, die von solchen Zeigefinger-Christen
als "schuldig" bezeichnet werden. Und Tatsache ist ebenso, daß HIV-Infizierte
damit abgewertet werden, womöglich mit der impliziten Einstellung:
"Selbst schuld!" - Ein eklatanter Widerspruch zum Liebesgebot!
Das ist ein Argument, das man - auch im Zeitalter der Empfängnisverhütung
- nicht völlig von der Hand weisen kann. Zwar bieten gängige
Kontrazeptiva wie die Pille oder das Kondom bei richtiger und zuverlässiger
Anwendung einen guten Schutz vor ungewollter Empfängnis. Das
Verhütungsmittel, das einen 100.0%igen Schutz bietet, ist jedoch noch
nicht erfunden worden.
Wer verantwortlich mit Sex umgehen will, wird sich also die Frage stellen und beantworten müssen, was er oder sie tun will, wenn "es" passiert ist, wenn die Tage ausbleiben, wenn der Schwangerschaftstest positiv ausfällt...
Ist das Kind ein "Restrisiko", das man vernachlässigen kann? Was, wenn dieses "Restrisiko" eingetreten ist? Abtreibung, die Tötung des ungeborenen Kindes, wird von Christen kaum als Option angesehen.
Besteht überhaupt eine Basis für eine dauerhafte Partnerschaft,
in der ein Kind mit seinen Eltern aufwachsen könnte? Oder wäre
ein ungewolltes Kind der "Super-GAU" schlechthin und man würde ("müßte")
bestenfalls deshalb heiraten? Das ist vermutlich einer der
am wenigsten vielversprechenden Starts in eine glückliche Ehe, wenn
nur die Rücksicht auf das gezeugte Kind hinter dem Zusammenleben steht...
Veröffentlicht in der Zeitschrift "Kurs", Stand Herbst 1999.