Wegweiser im Bibeldschungel |
Schon am Untertitel ist erkennbar, daß bei dieser Bibel der Schwerpunkt darauf gelegt ist, unmittelbar verständlich zu sein, ohne daß man viele Materialien hinzuziehen muß. Dieses Ziel erreicht sie auch recht gut. Sie ist einem modernen Alltagsdeutsch geschrieben. Nichtsdestotrotz erhebt sie dabei den Anspruch, Übersetzung zu sein und nicht etwa eine freie Übertragung. Es bleibt aber zu berücksichtigen, daß man ansatzbedingt doch etwas weiter "vom Text wegkommt" und mehr Interpretation durch den Übersetzer einfließt. Die GN ist 1997 in einer aktuellen Neurevision erschienen.
Empfehlung: Eine brauchbare Bibel zum Einstieg ins Bibellesen.
Oder für Menschen, die gerne flüssig längere Texte am Stück
lesen wollen. Nicht geeignet für Bibelleser, die an dem exakten Wortlaut
interessiert sind oder die den Wortlaut anderer Übersetzungen im Ohr
haben und wiederfinden möchten.
Auch wenn es schon einzelne deutsche Ausgaben vor Luther gegeben hat, Luther ist maßgeblich dafür verantwortlich, daß wir eine verbreitete Bibel in deutscher Sprache haben. Er hat "dem Volk aufs Maul geschaut" und war so mitverantwortlich für die Prägung der deutschen Sprache. Immer noch sind die Formulierungen der Luther-Bibel am bekanntesten. Seit den ersten Luther-Ausgaben, für die der neu erfundene Buchdruck mit beweglichen Lettern (Gutenberg) eingesetzt wurde, hat sich an der deutschen Sprache natürlich etliches getan. So hat man die Luther-Bibel immer wieder Revisionen unterzogen, um sie an die Entwicklungen der deutschen Sprache anzupassen. Ohne dabei völlig preisgeben zu wollen, daß es sich um eine Luther-Übersetzung handelt. Die letzte Revision ist die Ausgabe von 1984.
Empfehlung: Eine weitverbreitete Bibelübersetzung, die für
viele Bibelleser vertraut ist, weil die Sprache Luther sich ins Gedächtnis
geprägt hat. Empfehlenswert, obwohl die Gefahr besteht, sich in seinem
Reden über fromme Dinge ein "Luther-Deutsch" anzugewöhnen.
Hier handelt es sich um den typischen Vertreter der wortwörtlichen Übersetzung. Die Elberfelder Bibel ist dabei so genau, daß sie gelegentlich sogar von Theologiestudenten bei Übersetzungsaufgaben zum Spicken verwendet werden soll. Dabei bleibt die Lesbarkeit zumindest in der revidierten Ausgabe nach meinem Eindruck doch recht gut erhalten.
Empfehlung: In einigen Kreisen ist diese Bibelübersetzung
ebenfalls weit verbreitet. Definitiv eine Empfehlung für alle, die
dem Text auf den Zahn fühlen und wissen wollen, was dort genau steht.
Die aber auch bereit sind, unter Umständen mal etwas nachzugraben,
was mit Worten oder Formulierungen genau gemeint ist, also idealerweise
noch Zusatzmaterial wie ein Bibellexikon zur Verfügung stehen haben.
Eine neuere Bibelübersetzung, die mittlerweile als Vollbibel mit Altem und Neuem Testament zur Verfügung steht. Die Hoffnung für alle legt noch mehr Wert auf Lesbarkeit im Alltagsdeutsch als die Gute Nachricht. Dafür gerät sie bisweilen etwas weit vom Text weg und in Interpretation hinein.
Empfehlung: Für Menschen, die den Bibeltext einfach so lesen
wollen, ohne viel Hintergrund zu haben. Die Hoffnung für alle liest
sich flüssig wie ein Roman. Allerdings gerät sie doch an die
Grenze zur Übertragung. Als Übersetzung ist sie daher nur bedingt
empfehlenswert. Dennoch kann sie ein guter Einstieg ins Bibellesen sein.
Die Einheitsübersetzung ist im katholischen Umfeld entstanden, in dem Bestreben, neuere Erkenntnisse der Bibelwissenschaft und Entwicklungen der deutschen Sprache einzuarbeiten. Bei der Entstehung wurde die Evangelische Kirche einbezogen. Das Neue Testament und die Psalmen sind von der evangelischen und katholischen Kirche gemeinsam getragen.
Empfehlung: Eine ökumenische Bibel, die sich gut dafür
eignet, wenn Christen aus den beiden großen Kirchen zusammen lesen
und genau denselben Text zur Verfügung haben wollen. Auch sonst hat
sie aber einen guten Eindruck bei mir hinterlassen.
Dabei handelt es sich um eine Übersetzung, die den Text in der hebräischen oder griechischen Sprache und eine Wort-für-Wort-Übersetzung in die deutsche Sprache genau untereinanderstellt. Selbstverständlich klingt diese Form der Übersetzung etwas radebrechend.
Empfehlung: Für Leser, die sich mit dem Text in den Originalsprachen
auseinandersetzen wollen und sich einer reinen in diesen Sprachen gehaltenen
Bibel wie der Biblia Hebraica Stuttgartensia (Altes Testament) bzw.
dem Novum Testamentum Graece (Neues Testament) noch nicht gewachsen
fühlen. Interlinear-Übersetzungen sind recht teuer. Falls kein
intensiver Bedarf besteht, kann man sich diese Werke evtl. in einer Universitätsbibliothek
ausleihen. Sinnvoll ist das eigentlich nur in Verbindung mit einem Lexikon,
in dem man die möglichen Bedeutungen der Worte nachlesen kann. Die
Online-Bible stellt eine überdenkenswerte (und kostenlose)
Alternative dar, die mit dem Numerierungssystem nach Strongs erlaubt, die
Worte in den Originalsprachen nachzuschlagen.
Hierbei handelt es sich um die Bibelausgabe der Zeugen Jehovas. Die
deutsche Ausgabe stellt m.W. eine Übersetzung der englischen dar und
enthält somit eine Übersetzungsebene mehr als die anderen Ausgaben.
Zielsetzung dieser Vorgehensweise war wohl, eine Bibelausgabe zu schaffen,
die für Zeugen Jehovas in aller Welt identisch ist. Sprachlich fällt
sie durch einen manchmal etwas "bürokratischen" Beiklang auf, die
Formulierungen klingen eher hölzern. Bei der Textwiedergabe fällt
mir auf, daß die NW gerade dort, wo Lehren der ZJ betroffen sind,
geringfügig anders übersetzt als alle anderen Bibelausgaben.
Ein Vergleich mit einer Interlinearbibel zeigt auch gewisse Unstimmigkeiten.
Das ist alles, was mir als Nicht-Altsprachler an Überprüfung
möglich ist. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
kommt zu folgendem, vernichtendem Urteil (idea, 1.2.86, zitiert nach Brüning,
Sind Zeugen Jehovas Christen?, S.88):
"subtil-tendenziöse, den Text fortwährend vergewaltigende Bearbeitung" der biblischen Schriften, mit der die Wachtturm-Gesellschaft ihre eigenen Lehren untermauern und verbreiten wolle. Der Leser soll unmerklich in das Denken der Zeugen Jehovas eingebunden oder sogar von ihrer Organisation abhängig gemacht werden... |
Empfehlung: Aus offensichtlichen Gründen kann diese Ausgabe nicht empfohlen werden, selbst wenn sie bei den Zeugen Jehovas kostenlos erhältlich ist.
Hinter dem Fremdwort verbergen sich einige Schriften, die zeitlich nach
den anderen Texten des Alten Testaments entstanden sind. Es ist etwas umstritten,
inwieweit man sie zum Alten Testament zählen sollte. In katholischen
Ausgaben gehören sie dazu, andere Bibelausgaben erhält man oft
wahlweise mit und ohne Apokryphen (bzw. "Spätschriften des AT"). Luther
befand sie als "nützlich zu lesen", erkannte ihnen aber nicht das
gleiche Gewicht zu wie den anderen biblischen Texten.
In manchen Bibelausgaben wird der Text fortlaufend durch Erklärungen begleitet. Das kann oft ganz hilfreich sein und einem Hintergrundwissen oder Facetten des Textes erschließen, die einem sonst entgangen wären. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß Kommentare grundsätzlich von dem biblischen Ansatz des Kommentators geprägt sind. Keinesfalls sollte ihnen dasselbe Gewicht beigemessen werden wie dem biblischen Text oder sollen sie als die verbindliche Auslegung des Textes betrachtet werden. Handelt es sich um den Vertreter einer bestimmten theologischen Lehrmeinung und fließt diese Richtung deutlich in die Kommentare ein, kann es als störend empfunden werden.
In dieser Frage ist es nicht möglich, sich "außerhalb" zu
stellen und ein objektives Urteil abzugeben. Einige persönliche Gedanken:
Die Scofield-Bibel liegt mir nicht so, weil sie vom Ansatz des sogenannten Dispensionalismus geprägt ist, die die Geschichte in verschiedene "Heilszeiten" einteilt. Das äußert sich zum Beispiel darin, daß die Charismen mit der Zeit der ersten Christen aufgehört haben. |
Die Thompson-Studienbibel hat ein Kettenverweissystem, in dem sich eine ganze Menge Materialien finden. Am besten, man schaut sich vor dem Kauf an, ob man damit etwas anfangen kann. |
Die Lutherbibel erklärt enthält fortlaufende Kommentare, in denen sie bisweilen ein bestimmtes Bibelverständnis nahelegt. Ob man das "richtige" Ergebnis vorgekaut haben möchte, ist Geschmackssache. |
Die Stuttgarter Erklärungsbibel enthält ebenfalls fortlaufende Kommentare, die auch mal Fragestellungen aus der Theologie anreißen, ohne dabei den Bibeltext zu "zerpflücken". Dennoch keine Empfehlung für Anhänger der Verbalinspiration (d.h. der eher recht jungen Lehre, daß die Bibel wortwörtlich von Gott diktiert sein soll). Zur Zeit mein Favorit. Tip: Die Studienausgabe kostet nur die Hälfte ! |
...dem "sechsten und siebten Buch Mose"?
Man könnte aus dem etwas irreführenden Titel folgern, daß dieses Buch etwas mit Mose oder überhaupt mit der Bibel zu tun hat. Weit gefehlt! Es handelt sich um ein in zurückliegenden Jahrhunderten entstandenes "Zauberbuch".
...den "verborgenen Evangelien" oder "verborgenen Büchern" der Bibel?
Es gibt mehrere Buchangebote mit solchen oder ähnlichen Titeln. Dabei handelt es sich um Zusammenstellungen von Spätschriften des Neuen Testaments. Diese sind in größerem zeitlichem Abstand zu den Ereignissen geschrieben worden, tragen bisweilen legendarischen Charakter und/oder sind deutlich von unterwandernden Strömungen wie der Gnosis geprägt. Vergleiche auch den Artikel zur Entstehung des Kanons.
Um den Rahmen dieses Artikels nicht zu sprengen: In aller Kürze läßt sich sagen, daß diese Bücher nicht grundlos aus dem Neuen Testament herausgelassen wurden.
...angeblich neuen "Evangelien", wie man sie in NewAge-Buchläden zu kaufen findet?
Es scheint in Mode gekommen zu sein, neue "Evangelien" auftauchen zu lassen, die alles enthalten, was man Jesus schon immer mal sagen lassen wollte. Da vertritt er auf einmal die Reinkarnation, da zeigt er sich als Vegetarier und engagierter Tierrechtler. Nichts gegen Engagement für die Tiere und nichts gegen eine vegetarische Lebensweise, aber diese Evangelien dürften allesamt sehr jungen Datums sein bzw. ihr vermeintlicher Fundort (vorzugsweise tibetische Klöster oder ähnliche Einrichtungen) extrem fragwürdig. Es paßt ins Bild, wenn sie dann noch von einem "Medium" oder auf ähnlich obskure Weise empfangen wurden. Der fachlichen Untersuchung sind sie in der Regel stets - und höchstwahrscheinlich nicht ohne Grund - entzogen.